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Prävention in der Gesundheitsversorgung

Prävention in der Gesundheitsversorgung

Juli 2023

Welches Potential hat Prävention in der Gesundheits­versorgung? Wie kann die Lebensqualität von Menschen mit Erkrankungen verbessert werden? Um diese Fragen dreht sich die aktuelle Ausgabe.
Zudem erfahren Gemeinden, wie sie mit verschiedenen Massnahmen die Bewegung und Begegnung ihrer Bevölkerung fördern können. Auch das Thema Prävention bei Familien rund um die Geburt wird besprochen: Wie bereiten sich werdende Väter auf ihre neue Rolle vor? Und wie können frisch­gebackene Familien in der Wochen­bett­zeit unterstützt werden?

Inhalt
- Prävention in der Gesundheitsversorgung
- Beispielhafte Projekte
- Motivierende Gesprächsführung
- Gesundheitskompetente Organisationen
- Gemeinden als Orte der Bewegung und Begegnung
- Die ersten Wochen nach der Geburt
- Vater werden
- Geflüchtete stärken 

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Vater werden

Eine Väterrunde in Geburtsvorbereitungskursen gibt Männern Raum, um eigene Fragen, Sorgen und Ängste in Sachen Vaterwerden anzusprechen.

Text: Thomas Neumeyer

«Ich will schon mehr Zeit mit meinem Kind verbringen als mein eigener Vater. Sonst müss­te ich ja keine Kinder haben.» Sieben Männer sitzen an diesem Freitagnach­mittag im Spital Olten in einer Runde. Zum Einstieg besprechen sie in Zweier­gruppen die Frage: Wie will ich sein als Vater? Die Antworten sind unterschied­lich, aber haben doch einen gemeinsamen kleinsten Nenner – «Da» wollen sie sein für ihr zukünftiges Kind, präsente Väter wollen sie sein, zeitlich und emotional. Während des Austausches geben die Männer eine Babypuppe in Echtgrösse herum und probieren verschiedene Hal­tepositionen aus. Längst nicht jeder hatte schon mal ein Baby im Arm.

Vorbereitung lohnt sich
Seit 2020 ist die Väterrunde ein fixer Be­standteil der Geburtsvorbereitungskur­se, die das Spital Olten für Paare anbie­tet. Ziel ist es, dass werdende Väter die Herausforderungen, die auf sie zukom­men, realistisch einschätzen können und so Sicherheit gewinnen. Die Inputs durch den Kursleiter und der Austausch tragen dazu bei, zu verstehen: Vaterschaft ver­ändert mich. Auch in meinen bestehen­den Beziehungen und Rollen. Deshalb muss ich mich frühzeitig mit der Frage auseinandersetzen, was für ein Vater ich sein will. Das Angebot gehört zum Pro­jekt Niudad, das so die involvierte Vater­schaft fördern will. Initiiert wurde es von männer.ch, dem Dachverband der pro­gressiven Schweizer Männer­- und Väter­organisationen. Durch eine gute Vorbe­reitung verringert sich das Risiko, dass Väter in der Übergangszeit zur Eltern­schaft unter Stress leiden, in ein Burnout geraten oder häufiger Alkohol oder Dro­gen konsumieren.

Wie kann der Alltag mit Kind aussehen?
Klassischerweise steht in Geburtsvor­bereitungskursen im Vordergrund, was Mutter und Kind brauchen, um die Grenzerfahrung Geburt so gut wie möglich zu meistern. Doch auch Väter haben rund um die Geburt viele Fra­gen. Die meisten davon drehen sich um das Ankommen in der neuen Situation: «Wie spüre ich, was das Baby braucht?», «Wie bleiben wir auch als Eltern ein Liebespaar?», «Wie bringe ich Job und Familie unter einen Hut?» Die Väter­runden bieten einen Raum, in dem sol­che Fragen mit einem erfahrenen Vater besprochen werden können. Das Ziel ist nicht, allgemeingültige Antworten zu finden, sondern zu klären, wie jeder sich das neu zu sortierende Leben vor­stellt. Im Gespräch zeigt sich, dass vie­le werdende Väter auch ganz grund­sätzliche Fragen noch kaum reflektiert und besprochen haben. Hier motiviert der Kursleiter, diese aufzuschreiben und bewusst anzugehen.

Ab und zu ist auch ein Realitycheck nötig. Denn eine beliebte Strategie unter Männern lautet: «Ich bleibe entspannt und lass es mal auf mich zukommen.» So sagt ein Teilnehmer an diesem Frei­tagnachmittag: «Ich finde eigentlich, es sollte sich nicht viel ändern. Wir werden weiterhin unser Leben und unsere Hob­bys haben, einfach mit dem Baby dabei.» Hier versucht der Leiter mit ein paar Fakten darauf hinzuweisen, dass dieses Bild etwas gar blauäugig ist. Er verweist dafür etwa auf eine Studie, die berechnet, wie viel Arbeit mit einem Baby an­fällt. Mit Wickeln, Stillen, Waschen, Spielen, in den Schlaf wiegen etc. kommt man auf ca. 40 Stunden pro Woche – so viel wie ein zusätzlicher Vollzeitjob. Sein Tipp: «Man muss sein altes Leben nicht aufgeben, aber priorisieren, was man weiterhin machen will und wo man re­duziert.».

Indem die Kurse die bewusste Ausei­nandersetzung mit dem Vaterwerden fördern, tragen sie zu einem besseren Kräftemanagement bei. Ausserdem wer­den die Väter motiviert, schon frühzeitig mit Partnerin und Arbeitgeberin zu klä­ren, wie sie die neue Lebensphase orga­nisieren. Das stärkt nicht nur die Väter, sondern die ganze Familie.
 

Autor
Thomas Neumeyer
Leiter Betrieb und Kommunikation männer.ch
neumeyer(at)maenner.ch

Angebote

Was für ein Vater willst du sein?
Im Frühling 2023 wurde die Online-Plattform niudad.ch lanciert. Ausgangspunkt ist eine ungeschminkte Bestandsaufnahme: Der Test « Was für ein Vater willst du sein?» liefert eine individuelle Rückmeldung und soll werdende Väter unterstützen, eigene Antworten zu finden. Ausserdem bietet die Plattform Facts und Checklisten, Erfahrungsberichte, Vater-Crashkurse, kostenlose Telefonberatung und eine Übersicht über Geburtsvorbereitungskurse für Paare mit speziellen Vätermodulen. Letztere werden von Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich unterstützt.

www.niudad.ch

Fortbildung für Fachpersonen
Jeder zehnte Vater erkrankt nach der Geburt seines Kindes an einer postpartalen Depression. In der Online-Fortbildung «Psychisch gesunde Väter» lernen Fachpersonen aus der Geburtsbegleitung, frühen Förderung und Elternarbeit, wie sie Väter unterstützen und beraten können. Organisiert wird die Fortbildung von Postpartale Depression Schweiz. 

postpartale-depression.ch/de/informationen/fortbildung/item/psychisch-gesunde-vaeter.html