Familiengesundheit
Juli 2017
Familien sind komplexe Systeme. Um gesund zu bleiben, brauchen Familien Flexibilität, Kreativität und Unterstützung.
– Doing Family: Vielfalt ermöglichen
– Aufwachsen mit psychisch kranken Eltern
– Zwischen Familie, Job und Pflege
– Erziehung und Gesundheit
– Fokus Gemeinde: Die Weichen rechtzeitig stellen
Die Weichen rechtzeitig stellen
Mit der Teilnahme am Programm Primokiz2 will Volketswil Kinder schon vor Eintritt in den Kindergarten besser fördern. Denn Defizite in der frühen Entwicklung sind später schwer aufzuholen.
Wer auf Nebenstrassen nach Volketswil fährt, passiert Mehrfamilienhäuser mit grosszügigen Grünflächen, Schrebergärten und wahrscheinlich mehr Kinderwagen als Autos. Ein guter Ort zum Aufwachsen, wie es scheint – und dafür will die Gemeinde im Glattal auch etwas tun.
Früh im Rückstand
Im Sommer 2016 gründeten die Schulgemeinde und die politische Gemeinde Volketswil die Arbeitsgruppe Früh- und Spätförderung. Diese hat den Auftrag eine Strategie Frühe Kindheit zu erarbeiten. «Wir haben festgestellt, dass bei Kindergarteneintritt die Unterschiede in der sozialen und sprachlichen Entwicklung gross sind. Ein Kind, das zu diesem Zeitpunkt kein Wort Deutsch spricht, ist von Anfang an benachteiligt und oft gelingt es nicht, diesen Rückstand ganz aufzuholen», sagt Bruno Struck, Leiter der Pädagogischen Beratungsstelle der Schule Volketswil. Oft sind es diese Kinder, die auch nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit Probleme haben, den Einstieg ins Berufsleben erfolgreich zu meistern.
Die Arbeitsgruppe machte eine Auslegeordnung der bestehenden Angebote im Bereich der Frühen Förderung. Sie kam zum Schluss, dass es in Volketswil zwar viele Angebote gibt, mit besserer Koordination, Expertenwissen und einer langfristigen Strategie aber noch einiges für die Chancengerechtigkeit bei Schuleintritt gemacht werden kann.
Primokiz2
Aus diesem Grund entschied sich Volketswil für eine Teilnahme am Programm Primokiz2. Dieses unterstützt Gemeinden dabei, eine Politik der frühen Kindheit zu entwickeln, in dem es ein praxisnahes Handbuch zur Verfügung stellt, Expertenberatung anbietet und Vernetzungstreffen mit anderen teilnehmenden Gemeinden organisiert. Ein wichtiges Ziel ist die biographiebegleitende Förderung. An einzelne Fördermassnahmen für Kinder soll angeknüpft werden, um auf positive Entwicklung aufzubauen.
Wichtige Grundfähigkeiten wie Frustrationstoleranz oder Impulskontrolle sollen schon früh gestärkt werden. Das senkt erwiesenermassen das spätere Suchtrisiko und verbessert die Fähigkeit, künftige Belastungen zu bewältigen. Die Arbeitsinstrumente von Primokiz2 wurden in mehreren Pilotgemeinden erprobt. «Dieses Know-how kann bei der Entwicklung der Strategie Frühe Kindheit und der abgeleiteten Massnahmen als roter Faden dienen», sagt Heidi Duttweiler, Abteilungsleiterin Soziales und Vertreterin der Politische Gemeinde in der AG Früh- und Spätförderung. «Der Blick von aussen und die Erfahrungen aus anderen Gemeinden waren wichtige Gründe, uns für das Programm zu entscheiden.» Dank der Unterstützung der Jacobs Foundation und der Roger Federer Foundation ist das Programm für die Gemeinden kostenlos.
Welche Ziele setzt sich die Arbeitsgruppe? Duttweiler denkt diesbezüglich pragmatisch: «Wir müssen Massahmen definieren, die umsetzbar sind und politisch auch gestützt werden. Und vor allem wollen wir die guten Angebote, die wir schon haben, langfristig erhalten.»
Kontaktpunkt Familienzentrum
Einen Eindruck, wie Frühe Förderung in Volketswil funktioniert, gewinnt man im Familienzentrum Gries. Zentrumsleiterin Manuela Fried zählt eine ganze Palette von Angeboten auf: Neben den Spielgruppen gibt es die Mütter-Väter-Beratung, ein Krabbeltreff und auch spezielle Angebote für fremdsprachige Familien. «Alle aus dem Ausland Zugezogenen werden angeschrieben und zu einem Beratungsgespräch in Ihrer Muttersprache eingeladen. Dort werden Sie informiert über Deutschkurse mit Kinderbetreuung, Treffpunkte etc. Viele Eltern werden dann vor Ort auf weitere Angebote der Frühen Förderung im Familienzentrum aufmerksam – beispielsweise auf unseren Lernspieltreff.» Auch die Vernetzung der Fachpersonen ist ihr ein wichtiges Anliegen. Ein Beispiel sind die neu eingeführten Treffen von Spielgruppenleiterinnen mit Kindergärtnerinnen, die dabei helfen sollen, die Kinder beim Übergang ins Schulsystem besser zu begleiten.
Fried ist gespannt auf die Anregungen und Expertentipps, die Primokiz2 für die Weiterentwicklung einbringen wird: «Man kann ja nicht alle guten Ideen selbst haben.»
Teilnahme Primokiz2
Kleinkinder sollen möglichst gut aufwachsen. Das nationale Programm Primokiz2 unterstützt Gemeinden, Regionen und Kantone beim Aufbau einer umfassenden Politik der frühen Kindheit. Die Schweizerische Gesundheitsstiftung Radix übernimmt dabei die operative Leitung. Die Bewerbung als Projektstandort ist laufend möglich.
Kontaktperson:
Yves Weber,
Tel. 044 360 41 00, weber@radix.ch.
www.primokiz.ch